Die 10 Federzeichnungen
I. Gruppe, Bild 1
(1,8 MB)Bischof Buggo von Worms gründet das Schönauer Kloster, als man zählte der Jahre 11 Hundert 40 und 2.
Gemeint ist damit Erzbischof Burkhard II. Er ist mit Krummstab, Mitra und Ring dargestellt und wird von zahlreichen Domherren und Geistlichen begleitet. Sein Gegenüber ist wahrscheinlich als Graf Boppo III. von Lauffen anzusehen, dem der Grund und Boden bis zur Klostergründung verliehen war, und der durch den Verzicht darauf dessen Gründung erst ermöglichte.
Der Bischof weist auf einen Platz am Bach, auf dem eine kreuzgekrönte Bildsäule steht, den Platz des späteren Klosters. Die Stelle ist am Zusammenfluß zweier Bäche gelegen, der Steinach und des Greinerbaches; die an mehreren Stellen durch kleine Brücklein überspannt werden.
Die Bachufer und die ansteigenden Hänge sind zum Teil mit lichtem Baumbestand bestückt. Im Hintergrund rechts steht am Bach eine Gruppe von Häusern (Blindenbacher Hof), eine auf der Höhe stehende Burg (Mittelburg) ist durch die Bergkuppe halb verdeckt.
Wild grast auf der Bachaue und in den Wäldern. Die "schöne Aue" ist so als liebliches Tal zwischen bewaldeten Höhen charakterisiert.
Die Grenzen des dem Kloster überlassenen Gebietes werden wie folgt beschrieben: "vom Bach genannt Klüpfelsbach bis zum Blindenbach (Lindenbach) auf beiden Seiten des Flusses Wiesen, Äcker, Wasserläufe und Gebüsch mit dem angrenzenden Wald zwischen Gansach (Katzelter) und Ottersbuch (Rittersbach).
I. Gruppe, Bild 2
(1,2 MB)Hier erbauen die Wohnung die Arbeitsmönche des Klosters, welche der Frömmigkeit Trieb zu diesem Werke bewegt.
Hier also wird gebaut und zwar das Wohnhaus des Klosters. Zwanzig Mönche sind in voller Tätigkeit.
Die Mönche bauen ihre Klostergebäude selbst. Das nötigt uns, hier eine allgemeine Bemerkung über die Einrichtung des Zisterzienserklosters beizufügen. Jedes Zisterzienserkloster umschloß zweierlei Mönche in seinen Mauern. Die einen, die eigentlichen Mönche, die sich der Andacht und der Gottesverehrung nach der strengen Ordnung der Regel des hl. Benedikt hingaben, die wohl in der größeren Zahl vertreten waren und fratres professi - Professen - hießen, und dann die fratres conversi, auch fratres barbati genannt: das waren die Arbeitsmönche, denen die Handarbeiten des Klosters, Landbau und Handwerk oblag, da alles im Kloster selbst verfertigt werden mußte. Man nennt sie auch Laienbrüder, aber mit Unrecht. Sie lebten ganz wie die anderen Mönche im Kloster, hatten aber ihren eigenen Raum in der Kirche, ihre eigene Wohnung, ihren eigenen Schlafsaal, ihr eigenes Refektorium oder Eßsaal, ihre eigene Küche; sie trugen dasselbe Mönchsgewand mit einer geringen Beigabe, eine Art Überwurf, der nach vorn und hinten fiel: sie hatten aber nicht die große Tonsur der Professen und trugen Vollbärte, daher sie eben barbati genannt wurden. Auf unseren Bildern sind immer beide Arten unterschieden.
In jedem Kloster der Zisterzienser ist deshalb die Kirche so unverhältnismäßig lang, weil jede sozusagen zwei Langhäuser mit 2 Altären hat; beide Kirchen waren hier und dort durch höhere Mauern voneinander geschieden: das eine Refektorium war das Herren- oder Professen-Refektorium und das andere Refektorium war das der Conversen.
Außer diesen zwei Mönchsklassen gab es strenggenommen noch zwei: die sog. Klosterverwandten, familiares oder amici, die als Taglöhner, Handwerker arbeiteten, und solche, die etwa im Alter sich anschlosseen an das Kloster, ihm ihr Eigentum übergaben und als Wohltäter und Seelbrüder die Gemeinschaft des religiösen Lebens genossen, sog. Pfründner, die nicht an die Ordensregeln gebunden in einem löslichen Verhältnis zum Kloster standen. Letztere wohnten außerhalb der Mauern des Klosters umschlossen. Das Kloster Bebenhausen hatte z. B. eine dreifache Mauer.
Es waren also die Conversi, die das Wohnhaus des Klosters bauten, darum tragen sie auch auf dem Bilde alle stattliche Vollbärte; die Professen sind immer glattrasiert gezeichnet und nur mit einem schmalen Ring von Haaren auf dem Haupte, die große Tonsur.
I Gruppe, Bild 3
(1,2 MB)Darbringt hier dem Papste das Kloster die Sammlung der Brüder, dauernd ihm günstig zu sein, er gesegnet an Macht.
Der Papst thront in vollem Ornat mit dreifacher Krone auf dem Haupte und dreifachem Kreuz in der rechten Hand; rechts und links stehen Kardinäle, rechts drei, links zwei und der Dritte, der mit der Hand sozusagen fürbittend auf das Kloster hinweist, ein Ordensgeneral. Vor dem Papste knieen der Abt von Schönau und noch weitere zwölf Mönche, also die ganze Repräsentanz des Klosters und halten ihm die Klosterkirche im Modell entgegen. Unter der Kirche ist ein Hof des Klosters abgebildet. Der Papst faßt mit seiner linken Hand die Spitze des Klosterkirchturms, womit sinnbildlich einfach angedeutet wird, daß er das Kloster in seine Gunst und in seinen Schutz nehmen wolle. Am linken Knie des knieenden Abtes leht ein Wappenschild, auf dem das Klosterwappen, der Abtsstab mit dem S von Schönau und der Schlüssel des Bistums Worms überkreuz abgebildet sind.
Wann ist nun das geschehen und welcher Papst ist es, dem das Kloster dargebracht wird: Das Bild selbst gibt keine Auskunft darüber, aber in einer Urkunde des Klosters (bei Schannat, Gudenus und Würdtwein) ist vermerkt: "im Jahre 1204. Innocentius III. bestätigt die Privilegien des Schönauer Klosters, er zählt auf die Mayerhöfe und Güter des Klosters als die in Neuenheim, Schrießheim, Marpach, den neuen Hof in Virnheim, Scharren, Vutensheim, Rohrheim, Grensheim, Bliggersforst, Bruchhausen, Lochheim, Ericheshausen, Glismuteshausen, Neckarhausen und in Michelbuch. Er räumt ihnen ein Befreiung vom Zehnten und das Recht, sowohl Freie als Freigelassene aufzunehmen und zu behalten u.s.w." Also der Papst, den das Bild darstellt, ist Innocentius III., der von 1198 - 1216 als einer der gewaltigsten Päpste der röm. Kirche regierte. Er hat übrigens seine Schutzpflicht schon 1214 an den Erzbischof von Mainz abgetreten, wie eine andere Urkunde bezeugt. Wer im Jahre 1204 Abt in Schönau war, ist nicht bekannt. 1196 war der berühmte Diepold Abt, der vorher in Eberbach gewesen war und 1206 war ein Abt namens Walter hier; wie sich aber ihre Amtsjahre abgrenzen oder ob ein Dritter und Vierter dazwischen war, ist unbekannt. Der auf dem Bilde allein abgebildete Hof ist ein mit Weidengeflecht und hölzernem Tor eingeschlossener Raum mit einer kleinen Kapelle, etlichen Häusern und einem großen Ziehbrunnen. Wie dieser Hof heißt, ist nicht angegeben; möglicherweise ist es nur ein Sinnbild für alle Güter und Mayerhöfe, die damals das Kloster schon besaß und die oben genannt sind. Sie sind topographisch ganz richtig aufeinanderfolgend aufgezählt und bilden einen ganzen Kreis, an dessen Peripherie Schönau selbst liegt.
I Gruppe, Bild 4
(1,4 MB)Heinrich der Kaiser und Ludwig und der röm. König Rupertus geben Freiheit dem Koster sowie all seinem Gut.
Die Fürsten sitzen in einer offenen Säulenhalle, von links nach rechts vom Betrachter sind es Adophus, Sigismundus, Kaiser Heinrich, Rupprecht der römische König, Heinricus und Ludovicus. Nur von 4 Fürsten kann mit Sicherheit angegeben werden, welche Personen gemeint sind; von zweien ist das nicht zu erkennen, weil verschiedene Fürsten dieses Namens vorkamen und verschiedene Fürsten gleichen Namens sich um das Kloster verdient gemacht haben. Unter Kaiser Heinrich ist höchst wahrscheinlich nicht Heinrich VII. zu verstehen, sondern Heinrich VI., der weitaus größere Verdienste um das Kloster für sich aufweisen kann. Wie Sigismund zur Ehre kommt, auf diesem Bilde mit seinen schönen Haaren zu figurieren, ist höchst fraglich, da sein Name bei keiner Schenkung in den bis jetzt bekannten Urkunden vorkommt. Henricus ist höchst wahrscheinlich Heinrich der Welfe und Ludovicus nicht Ludwig der Bayer, sondern Ludwig I., Pfalzgraf bei Rhein. Adolphus ist viel eher als Adolph von Nassau jener unglückliche Pfälzer Fürst, der von seinem Oheim, Ludwig dem Bayer, um seine Erbe gebracht, lange Zeit in unseligem Familienzwist gegen seinen Oheim kämpfte, bis er im Jahre 1327 starb. Er war der ältere Bruder jenes Rupprecht I., der im Jahe 1386 die Universität Heidelberg gründete. Seine Grabesruhe fand Adolph hier im Kloster Schönau, wie aus einer Urkunde seines Sohnes Rupprecht II. unzweifelhaft hervorgeht. Auf dem Bilde ist er als ein schöner Jüngling mit lockigem Haar dargestellt: er ist nur 26 Jahre alt geworden. Das Schicksal hat insofern ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen, als sein Sohn Rupprecht II. Kurfürst wurde und sein Enkel, eben jener Rupprecht III. der römische König.
Zu den Füßen dieser Fürsten liegen nun auf dem quadratisch umrahmten Pflaster ausgebreitet zunächst zu den Füßen des Kaisers das ganze Kloster selbst und darunter in einem Halbkreis drei mit Flechtwerk umgebene Höfe oder Dörfer mit hohen hölzernen Toren und einer Anzahl kleinerer, meist aber größerer Gebäude, unter denen ein turmartiges Gebäude besonders auffällt. Was das für drei Dörfer oder Höfe sind, ist nicht bezeichnet. Es wird vermutet, es sind Oppau, Scharrau und Virnheim, die lange Zeit mit allen Rechten Eigentum des Klosters gewesen sind.